27.11.2013:
Bahngeschwätz
Die Stimme intonierte gut. Sie war leise, aber tragend. Deshalb konnten die Leute im Großraumwagen des Zuges den Ausführungen ohne Mühe folgen. Von Anfang bis Ende. Von der Abfahrt des Zuges bis zur Ankunft.
Es war die Geschichte einer Beziehung. Er, ein toller Hecht, der alle Bars in Florida und Mexiko kannte. Natürlich die hochklassigen. Und der in jeder Bar mindestens einen Drink nahm. Was ihn Jahrzehnte später - weil er noch immer seine Drinks liebte - den Führerschein kostete. Das war, so die Gefährtin, ein Zeichen seiner Verantwortungslosigkeit und der Beginn seines Verfalls.
„Weißt du, er hat überhaupt kein Gefühl mehr im Fuß für das Gaspedal. Und überhaupt. Er will gar nicht mehr irgendwo hin. Er wird immer unbeweglicher. Er braucht jetzt einen Stock. Das findet er deprimierend. Aber ohne schafft er es nicht mehr. Und wenn er es versucht, fällt er hin. Furchtbar, wie er jetzt verfällt!
Wenn er aus dem Bett aufsteht, rieseln die Hautschuppen wie Schnee. Morgens muss man das Bett vollkommen neu machen und der Boden vor seinem Bett ist mit einer dicken Schicht Hornschuppen bedeckt. Er hatte schon immer extrem viel Hornhaut. Er lässt sich nicht helfen, lehnt alle Hilfe kategorisch ab. Jetzt hat er tiefe Risse in der wuchernden Hornhaut. Es ist schrecklich.
Aber ich habe ihm gesagt, dass ich jetzt mein Leben leben will. Ich will mir den Schwarzwald genau ansehen, nach Stuttgart fahren, Leute treffen. Ach, es ist toll, dass du gleich Zeit hattest!“
„Das mach ich doch gern!“, wusste er doch, dass er nichts zahlen musste - behaupte ich mal!