08.10.2012:
Schnipsel, Schnipsel, Schnipsel ...
Deutlich kürzer sind die Tage geworden. Und Gmünd bei Nacht, das hat was! Die stimmungsvolle, recht marginale Ausleuchtung rund um das Heilig-Kreuz-Münster macht das handverlegte Kopfsteinpflaster - man hatte schon sehr früh daran gedacht, alles auf Mittelalter zu trimmen - zum Stolperparcours. Das beobachtete ich, als ich nach dem "Verschnaufnachmittag für pflegende Angehörige" gegen halb sieben zum Auto lief. Die Plateaupumps eignen sich nur bedingt dafür. So hibbelten und schwankten die jungen Damen vor mir hin und her, was für jede Menge Gekicher sorgte.
Welch eine Fülle an Themen hatte ich in den letzten Tagen kennengelernt! Und drüber geschrieben. 30er-Jubiläum der Seniorenhochschule mit hochkarätigen Beiträgen und geistreichem Witz ohne Ende. Tja, sie hatten es drauf, die Damen und Herren. Da ließ sich deutlich ablesen, dass geistige Beweglichkeit fit hält. Beeindruckend auch die Studienarbeiten zum Nachweis der Fähigkeit, wissenschaftlich arbeiten zu können. Mit Themen, die als Intensivmaterial für die Pädagogische Hochschule dienen können. Dann "Tag der offenen Moschee", wo ich erlebte, wie man aus einem alten rechteckigen Kasten, der mal Baumarkt war, den orientalischen Zauber einer Moschee verwirklichen kann. Nur das goldene Dach und die beiden goldenen Zinnen muss ich noch erforschen. Das Material konnte mir keiner nennen. Dann die Grundsteinlegung eines Hauses für ältere obdachlose Frauen und Männer. In der Nachbarschaft nicht gut gelitten. "Mein Grundstück verliert an Wert", geiferte der knapp Vierzigjährige. "Wehe, es landet eine Flasche in meinem Garten! Ich habe gar keine Lust, dass die dauernd in meinen Garten schauen!" Dabei waren die Bauherren stolz darauf, dass man dem Nachbarn die hohe dichte Hecke gelassen hatte.
Ein wahres Farbspektakel war der Besuch im Atelier von Hans Kloss. Aber nicht nur das. Der Maler ist ein guter Chronist der Stadt. Mit hohem Wissen aus Historie und Philosophie schafft er einen Bilderbogen aus vergangenen Zeiten der Stadt Schwäbisch Gmünd bis heute, der Einblicke gibt, wie die Menschen lebten und was sie taten. Seine Bilder, meistens sehr großformatig, erinnern mich an die Detailfülle in den Bilderbüchern, die meine Kinder stundenlang anschauen konnten und immer noch was Neues entdeckten. Zurzeit arbeitet Kloss an einem neuen Werk, das ich mir anschauen durfte. Siebzehn Meter lang und drei Meter hoch ist es angelegt in einem eigenen Raum. Mit akkuraten penibel feinen Strichen wächst die Vorlage zur späteren Farbausmalung. Die Entstehung der Staufersaga (nachzulesen in der Tagesnotiz vom 6. Juni). Alle Darsteller sind mit ihrem Porträt in Aktion zu sehen. Im Mai 13 sollen die Vorarbeiten beendet sein, dann geht es mit Farbe weiter.
Heiße Rhythmen brachte "Rocky Roccoco" auf die Bühne des Predigers, dem Kulturzentrum zwischen Johanniskirche und Münster. Eine neue Art, Kindern klassische Musik (und andere) nahezubringen. "Wir halten es für falsch, Kindern Kindisches vorzusetzen!" So der Anspruch der Künstler. Aber kindlich hätte es schon sein sollen oder die Altersangabe war falsch. Ab vier Jahre, genossen wie die Eltern hätten es sicher die ab Zehnjährigen.
Ja, und dann der Verschnaufnachmittag. Aber davon später. Als ich zu meinem Auto ging, blitzte der grüne beblätterte Ast vor dunkler Kulisse. Da habe ich dann die Kamera gezogen.