Als uns Teresa Perusini, die Dame des Hauses, in perfektem Deutsch begrüßt, ist das nicht das Einzige, was uns staunen lässt. Wir sind auf einem Gelände - keinem Weinberg - sondern auf sanft gewelltem Grün mit malerischen Bäumen und Gebäuden. Ein italienisches Landhaus, einige weitere Häuser - und ein Turm. Seine Bedeutung bleibt zunächst im Dunklen. Sie führt die Gruppe in einen Schuppen, in dem in großen Tanks Weine reifen. Die weißen und die roten.
Was? wird nun die Toscana-Fraktion aufschreien, Friaulischer Rotwein, das kann nichts sein, die können nur Weißwein! Das stimmt nicht. Die Azienda Agricola Perusini widersetzt sich erfolgreich dem Anspruch, dass Weine einen internationalen Geschmack haben müssen. Sie setzt auf die Eigenart des Gebietes, in dem der Wein wächst. Sie macht Wein für differenzierende Menschen. Voll Stolz auf die individuellen Eigenheiten ihrer Region.
Wie persönlich geprägt das Ganze ist, zeigt sich ausdrucksvoll im Inneren des Turms. Ein Weinkeller der besonderen Art. Seine Konstruktion schafft durch raffinierte Luftführung ein natürliches Lagerklima. Der Architekt Augusto Romano Burelli war strikt. "Wer Wein macht, muss sich mit der Erde verbinden!", und schuf ein Foucaultsches Pendel, das durch Tierkreis und Jahreslauf schwebt, umgeben von vielen großbauchigen Holzfässern voll Wein.
Überhaupt. Dieses Weingut wird von künstlerischen Elementen geprägt. Manches aus der 300-jährigen Geschichte, aber auch mit kühnem Sprung in die Gegenwart. Mit großem Geschick verbindet Teresa Perusini Tradition mit Moderne. Der Weinturm ist das sichtbare Zeichen. Grün, besonders grasgrün in allen Variationen sind die Innenwände des Turmkellers. Die Skizzen mit vielen Details, sogar ein Portrait der Besitzerin folgen dieser Linie.
Der Maler Leon Tarasewicz schuf eine überraschende Interpretation von Licht und Landschaft auf den Innenwänden. Waagerecht angeordnet variieren die Zusatzfarben je nach Himmelsrichtung und Sicht aus dem Fenster. Wer nur mit schnellem Blick das Ganze einfängt, wird eine flüchtige grüne Erinnerung haben - und sie schnell vergessen. Wer sich die Zeit nimmt, die Wandlung von Licht und Farben durch die vier Fenster zu erleben, dem erschließt sich ihr abstraktes Abbild.
Details, Details, Details - an jeder Ecke wartet ein anderes, wunderbares Stück. Wie schön und gleichzeitig praktisch ein Türgriff sein kann, sei hiermit illustriert. Allein das erfreut das Auge und setzt für Genießer einen weiteren Pluspunkt. Der dann gekrönt wird von der Degustation im Salon des Landhauses. Rot, weiß, prickelnd, mit Namen, die Geschmack verheißen: Ribolla gialla, Picolit neben Chardonnay, Pinot grigio und Sauvignon - vergessen ist alles, was sich mit den gängigen Namen sonst verbindet. Dieser Chardonnay, Pinot grigio und Sauvignon sind anders! Die roten Weine aber auch: Merlot und Cabernet. Dazu Refrosco, Torre di Zucco und einer, dessen Name allein schon begeistert: Rosso del Postiglione.